Die Zeitwaisen

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Berlin–Dingle–Avranches 2017 – Devizes–Caldicot, Mittwoch 7. Juni

in: Berlin–Dingle–Avranches 2017
Devizes–Caldicot, Mittwoch 7. Juni
Reisen, Radreisen
Radix | Berlin–Dingle–Avranches 2017

-12:05-

Nach digitaler Streckenführung zweigt der Track kurz hinter „Monkton Combe“ rechts ins „Tucking Mill Reservoir“ ab. Dem Augenschein nach, an Ort und Stelle, sieht das aus wie eine Auffahrt die zu einem großes Stahltor führt. Gut, mal lesen was da so alles auf den Schildern steht. Rechts ein Steinpfeiler mit Elektronik drin. Da soll anscheinend ein Knopf zum Drücken sein, dann würde das Tor öffnen, oder so. Welcher Knopf? Der da in der Nische? Stehe wie der Ochs vorm Tor. Echt jetzt da rein langen und drücken? Einfach mal machen. Bin begeistert. Tatsächlich öffnet dass Tor, schiebt langsam nach rechts zur Seite. Keine Ahnung ob der Knopfdruck auslösend war, oder Zufall, oder versteckte Kamera, oder was auch immer. So ein Aufwand. Bloß fix rein, bevor das Tor wieder schließt. Weiter vorne, auf dem Weg begleitenden Grün, ein Rasenmähermann auf seinem lärmenden Rasenmäher auf rasender Rasentour; muss an den wundervollen Film „The Happening“ denken. Schnell fort.

Wenig später versperrt eine Schranke den Weg und laut Beschilderung ist die Weiterfahrt untersagt. Hinter der Schranke ist aber auch nicht wirklich eine Fortführung des Weges zu erkennen. WTF, ja warum führt denn dieser Weg anscheinend in eine Sackgasse? Zum einen, weil dies gar nicht mehr der zuvor befahrene Cycleway ist. Sehe das erst jetzt auf der Karte. Die Cycleway Strecke wäre ein rund anderthalb Kilometer langer Umweg gewesen – hinter dem Zugang zum „Tucking Mill Reservoir“ weiter nach Süden, den „Tucking Mill Lane Bath Two Tunnels Circuit“ runter, und dann einen U-Turn auf den „Two Tunnels Greenway“ und wieder zurück nach Norden – und hätte ebenfalls an die oben abgebildete Stelle geführt, praktischerweise aber auf der asphaltierten Seite. So aber nervt nun der Hinweis, das Weiterfahren sei strikt verboten, und hinter der Schranke quasi Dschungelgestrüpp. Egal, muss irgendwie weiter gehen, werde jetzt nicht zurück und den Umweg fahren. Also rüber über das Hindernis und rein ins Gestrüpp, einen nur noch knapp zu erahnenden Pfad entlang, bis endgültig Schluss zu sein scheint. Machete wäre jetzt praktisch. Rechts oben, einen kleinen, steilen Hang krönend, verläuft ein massiver Gitterzaun, und die Karte bestätigt, dahinter muss er sein, der schicke, zivilisierte Greenway. Aber erst mal pinkeln, ideales Umfeld, Gewicht verlieren. Dann unter Fluchen alle Kraft mobilisieren und die insgesamt knapp 128 kg schwere Fuhre durchs Gestrüpp stampfend und schiebend nach oben wuchten, in der Hoffnung, den Zaun wie auch immer überwinden zu können. Notfalls Rad und Gepäck drüber heben.

Scheine jedoch tatsächlich einem geplanten Pfad gefolgt zu sein, oder auch nicht. Eine Joggerin joggt unten jedenfalls durch die scheinbare Pampa, als würde sie dies täglich tun. Und auch das im Zaun verbaute Durchlassdrehgitter und das dort angebrachte Schild deuten darauf hin: öffentlicher Fußweg. Klar, denn Fahrräder sind hier nicht erlaubt, weder rein noch raus. Gleichzeitig aber verbietet zwei Meter weiter ein anderes Schild am Zaun den öffentlichen Zugang auch für Fußgänger. Können die sich mal entscheiden?

Public Footpath Public Footpath

Eins ist sofort offensichtlich, längs hindurch schieben lässt sich das Fahrrad nicht durch das Foltertor, schon gar nicht voll beladen. Hochkant hindurch tragen könnte vielleicht klappen, ohne Gepäck. Auf gehts. Unterwegs die Taschen und den Rucksack runter und wieder drauf zurren, bin begeistert, Lieblingsbeschäftigung. Aber ist doch erst das zweite Mal auf der Tour, also reg dich ab. Fuck. Fluch. Kruzi.

Schleppe zuerst das Gepäck durch die Klappgitterfalle und packe dann das Fahrrad. Konzentration. Wenns nicht funktioniert, muss die Kiste halt über den 2 Meter hohen Zaun drüber, toll. 18 kg gelenkiges Sperrgut anheben, senkrecht stellen, und rein in den runden Käfig. Jetzt bloß nicht stecken bleiben. Keine Ahnung wie, aber mit Zotteln, Schieben und Zerren passen wir zum Glück schließlich hindurch. War doch gar nicht so schwer, Alter. Gepäck aufladen, ein Schluck Wasser und weiter.

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