Die Zeitwaisen

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Berlin–Dingle–Avranches 2017 – Caldicot–Cymer, Donnerstag 8. Juni

in: Berlin–Dingle–Avranches 2017
Caldicot–Cymer, Donnerstag 8. Juni
Reisen, Radreisen
Radix | Berlin–Dingle–Avranches 2017

-17:26-

„Bwlch-Y-Clawdd Road“ - liebe diese Namen, werde sie vermissen -, mitten drin auf 240 m Höhe, südlich der „Railway Terrace“ bei Treorchy.

Langsam kommt Landschaft auf. Und jetzt wird klar, wo die noch verbleibenden Höhenmeter herkommen. Die Straße führt nach anfänglich gemächlicher Steigung auf mehreren Kilometern, über weitere sechseinhalb Kilometer 350 Meter höher, auf einen winzigen 526 Meter Pass hinauf.

Blick zurück. Ein Kilometer liegt hinter mir. Das Beste kommt noch. Blick zurück. Ein Kilometer liegt hinter mir. Das Beste kommt noch.

Da mögen viele nur müde Lächeln. Fahre jedoch das erste Mal solch ein Teil hoch, Schock und Albtraum, zumal aktuell ungewiss wie hoch und wie weit genau - krame die Werte erst beim Aufschreiben zusammen -, sehe nur, dass die Straße anscheinend endlos in Serpentinen nach oben führt und irgendwo hinter dem Berg - kann das überhaupt schon Berg genannt werden - verschwindet. Die Karte gibt nur annähernd eine Idee von dem was folgt, beziehungsweise, bin nicht richtig fähig das aufzunehmen. Eigentlich führt der Weg nach oben nur über ein drei Kilometer langes gerades Stück, gefolgt von drei etwas mehr als einen Kilometer langen Serpentinen. Beim Anblick des aus aktueller Perspektive extrem schräg stehenden Lastwagens auf der nächst höheren Serpentine, geht jedoch fast jeglicher Mut verloren, alles sackt runter, Schultern, Mundwinkel, Kopf. Alter, Du schaffst das, ist doch erst 17:30, in drei Stunden bist Du oben und wieder unten, und alle Pubs haben dann schon geschlossen. Werde von des Wahnsinns Grinsen und Panik ergriffen. O.k., habe das Zelt dabei, aber nicht viel Wasser und kaum Futter. Ein Gefühl schrecklicher Einsamkeit breitet sich aus. Du schaffst das.

Vergleiche später mit einer ähnlichen Strecke, letztes Jahr in Schottland, den höchsten Straßenpass hoch auf 670 Meter. Start bei 370 Meter. Da waren auf 12 Kilometern nur 300 Höhenmeter zu überwinden. Musste jedoch viel schieben, weil ungünstige Übersetzung und 15 kg mehr Gepäck am Rad. Erschien irre anstrengend damals. Hätte die Tour heute in der Konfiguration und Kondition vom letzten Jahr nicht geschafft, das ist ziemlich sicher. Bei um die 15% über eine längere Strecke ist jedoch so oder so Schluss mit Fahren, oder jedenfalls mit durchgängigem Fahren. Zum Glück verläuft das voran liegende Stück „nur“ wenig mehr als halb so steil. So bleibt zumindest das ätzende Schieben aus.

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