Die Zeitwaisen

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Berlin–Dingle–Avranches 2017 – Bettmar–Lahde, Montag 29. Mai

in: Berlin–Dingle–Avranches 2017
Bettmar–Lahde, Montag 29. Mai
Reisen, Radreisen
Radix | Berlin–Dingle–Avranches 2017

-15:22-

Fahrradregion Hannover, Regionsroute 6 (R6), am Mittellandkanal unter der Haste–Minden S-Bahn Brücke, südlich von Lohnde, Blick nach Westen. Und auch in dieser Richtung nur noch mehr Hitze.

Von einer der folgenden Brücken springen gut gelaunte Kinder in den Kanal. Die Freunde am Ufer schauen jubelnd zu und warnen vor sich nähernden Booten. An einer weiteren Brücke lässt ein Sadist oder Masochist seinen Hund wiederholt nach einem weit in den Kanal geworfenen Stöckchen schwimmen, während er am dicht bewachsenen Ufer nur rum steht, seinen Oberkörper in der Ofenhitze brät und zuguckt.

Ankunft auf dem Campingplatz in Lahde um 19:08. Bin kurz vorm Hitzekollaps. Der kleine Lebensmittelladen um die Ecke neben der Rezeption hat schon geschlossen und an der Rezeption ist auch niemand zu sehen. Klingle an der Tür zum Laden. Eine Frau öffnet und deutet zurück zur Seite mit der Rezeption. Tatsächlich, habe eine dort ebenfalls angebrachte Klingel übersehen. Nach der Anmeldung öffnet die freundliche Frau den kleinen Laden dann doch noch mal. Nicht viel Auswahl, aber reicht. Wasser, Wasser, Wasser, Dosenfisch, Dosenobst und ein Eis. Ja, süchtig nach Sprudel. Trinke etwas Wasser und esse das Eis gleich an Ort und Stelle. Anschließend immer noch sehr heiß und immer noch tropfnass, aber nicht mehr ganz so kurz vorm Kollaps. Muss unterwegs mehr trinken und mehr Snacks einwerfen.

Versuche generell die Lebensmittel so kurz wie möglich vor den Mahlzeiten zu besorgen, um nicht unnötig viel und unnötig weit schleppen zu müssen. Meist klappt das. Bevorzugt ein kleiner Shop, oder weniger toll ein Supermarkt, findet sich nahezu in jedem Ort.

Der am Wasser gelegene Campingplatz ist o.k.. Baue das Zelt in der Nähe einer Anlegestelle vor Schatten spendender Hecke auf und gehe dann Zeltplatz schauen, Camp Watching oder so, Übersicht verschaffen und weiter runterkommen. Gleich nebenan steht ein einzelnes, riesiges Zelt – also im Vergleich zum eigenen Zeltsarg allemal – auf einer weitläufigen, schattenlosen Wiese, mitten in der Bruthitze, und ein Fahrrad liegt daneben. Jeder wie er mag. Komme auf dem Rückweg nochmal dran vorbei, und in dem Momennt trifft auch der schwergewichtige Bewohner ein. Stellt sich heraus, er radelt ebenfalls fern. Smalltalk über Tour und Räder. Er sei in entgegengesetzter Richtung unterwegs, wolle bis nach Polen und dann gen Süden. Den Weg am Mittellandkanal finde er schlecht befahrbar, der Boden habe ihm zu schaffen gemacht. Kann das nicht nachvollziehen. Er macht den Vorschlag, wir könnten zusammen Essen, da vorne beim Sitzplatz am Wasser. In dieser Hitze? Sorry, viel zu viel Sonne. Da sei nachher bestimmt Schatten, sagt er. Später verpassen wir uns jedoch.

Geplauder mit einem von eben dieser Sonne rötlich gebrannten Kanuten, der unmittelbar rechts neben mir zeltet. Er empfiehlt seinen Klappstuhl. Später, komme gerade vom Duschen zurück, stehen sein Boot und Zelt vor meinem. Irgendwas hat ihn an der anderen Stelle gestört, vielleicht zu viel Schatten.

Stehe nackt, eingeseift und vergeblich auf warmes Wasser wartend unter der Dusche. Ausgerechnet die eine gewählte von den drei vorhandenen funktioniert nicht, trotz eingeworfenen 2 x 50 Cent. Der Kasten für den Geldeinwurf ist mehrere Meter entfernt, warum auch immer. Kein Bock da hinzutapern, sofern das überhaupt was nützen würde, also kalt duschen, spart Wasser und Strom, außerdem ist die Luft warm genug.

Finde eine schöne Stelle fürs Abendessen unter schattigen Nadelhölzern, ein Holztisch mit zwei Bänken. Bestens. Wie auch gestern, Spaghetti im Gaskocher zubereitet, diesmal mit Dosenhering in Tomatensauce und mit frisch geschältem Knoblauch.

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