In der Galerie „John Power G11“ im Funkhaus Berlin wurden vom 17.5.2012 bis 10.06.2012 Werke von France Parsus, Barbara Czarnojahn, Anna Haenko, Anke Haisch, BerHWolf, Ryn Shaparenko und Krzysztof Marciniak ausgestellt.
Die Vernissage mit einer Performance von Michael Wolff (Schellackplatten auf dem Grammophon) fand am Do, 17.5. von 19:00 bis 22:00 Uhr statt.
Öffnungszeiten:
Do – So, 13 Uhr – 17 Uhr
Salon Do, 19 Uhr – 22 Uhr
Alle vier drängen in die Kabine. Nur wir bemerken, dass Starf, der als letzter zusteigt, einem der in die Eingangshalle strömenden Wächter Zeichen gibt, woraufhin diese das Geschehen bei der Kabine ignorieren und mit dem Aufräumen beginnen. Wir bemerken ebenfalls, als der verwunderte Blick des Wächters und sein kurzes Zögern, die Aufmerksamkeit Starfs erregen. Er schaut an sich herunter und mimt ironisch erstaunte Irritation. Wir jedoch wundern uns nicht, denn wir wissen, warum er bis auf Metallringe an seinen Handgelenken unbekleidet ist. Was wir nicht wissen, wer ist der Wächter, mit dem Starf derart intime Kommunikation pflegt? Jochen teilt der Kabine das Ziel mit.
„… habt ihr nicht gehört, was ich gesagt habe, da oben …“, Silvie scheint außer sich.
„Du hast das Objekt gesehen? Kann es sein, deine Fantasie geht mit dir durch?“, Jochen sieht sie spottend an, seine Brauen zusammengezogen. Suzan und Starf schweigen.
„Ja, verdammt! Und wie ich …“
„Was wolltest du überhaupt dort und wie bist du hinein gekommen?“
„Und wer bist du bitte schön, dass du meinst mir solche Fragen stellen zu können? Wie bist du denn rein gekommen?“
„Ich bin Starfs Bruder“, Jochen grinst.
Silvie öffnet ihren Mund … und schließt ich ihn wieder. Starf blickt sie an und wir haben den Eindruck, er fühlt sich nicht wohl in seiner entblößten Haut.
„Silvie, es ist kompliziert. Es sieht aus, als hätten wir alle nur ein Halbwissen von dem was vorgeht. Wie du es bis ins Appartement geschafft hast, würde mich allerdings auch interessieren … und was Du dort wolltest.“
Suzan schlägt mit der Faust gegen die Kabinenwand an der sie lehnt.
„Jungs, was soll das: ‚es ist kompliziert‘? Vielleicht könntet ihr zumindest euer beider Halbwissen preisgeben, würde ja theoretisch ausreichen. Ich denke nicht, dass ich ein Halbwissen habe, noch nicht einmal ein Viertelwissen, schließlich sind wir zu viert, und ihr scheint am tiefsten in der Sache drin zu stecken“, sie macht eine Pause und blickt von einem zum anderen. Dieser Logik können wir uns nicht entziehen, genauso wenig wie die anderen drei. Darum sagt auch niemand etwas, außer Suzan, „huh, in Schießereien mit Hybriden bin ich nicht jeden Tag verwickelt, und merkwürdige Leuchten, aus denen angeblich das Grauen schlüpft, bekomme ich auch nicht allzu oft zu sehen … hat es euch die Sprache verschlagen?“
im Dunkel
Tönenden Schmerzens
Laut Hals
Gebärender
Stein Fliesen
Schnellen
Zäh Flüssig
Benetzte
Vaginen
Smaragd Grüne
Föten
Kristallin
zu Eis
Geschmolzenen
Strahlen
Dreier Sonnen
vom Überschall
Geblendeter
Fakire
im Nebel
Licht Grau Weißer
Nächtigkeit
durch
Vorhänge
Temporären
Alterns
Duftender
Mehl Särge
Blechernd Klangem Stahl
Sich ergießend
in
Rauschend
Blasigen
Strömen
unendlich bunt cremig leuchtender farben meere zärtlich getragen auf haut nah sich berührenden gliedern in einander gleitender ekstase unerträglich süßer glück seligkeit
Nicht
Dein An Sehen
Nicht Worte
Noch deren Klang
Obschon Nah
Nur Berührung
Dich Wirklich
Mir Teilt
Das Lebendige
Der Wärme
Deines Körpers
Das Empfindsame
Der Zärte
Deiner Haut
Das Kosen
Deiner Hände
Das Streicheln
Deines Haars
Das Ge Spür
Deiner Lippen
Die Blume
Deines Mundes
Das Ge Fühl
Deiner Zunge
Das was wir sehen, scheint mit dem übereinzustimmen, was wir bei dessen Berührung fühlen, sofern es einer Berührung zugänglich ist, und mit dem, was unser Verstand an Rückschlüssen zieht und wiederum durch Wahrnehmung bestätigt sieht. Dies ist nur natürlich, da erstens die optische Wahrnehmung alle anderen Wahrnehmungen überlagert, eine Art Autosuggestion, und zweitens sich jegliche Wahrnehmungsfähigkeit und der Verstand im Zusammenhang entwickelten, und eine Übereinstimmung der Empfindungen und Erkenntnisse des Verstandes für ein adäquates Handling der Wirklichkeit plausibel erscheinen.
Doch im Grunde haben wir keinerlei Kenntnis davon, wie die Wirklichkeit außerhalb unserer Sinne existiert. Wie sind gegenüber der Wirklichkeit außerhalb unserer Sinne stockblind. Warum gelingt nicht alles, was wir uns erdenken, warum stoßen wir an Grenzen, warum scheint die Welt in diesen Grenzen fehlerhaft, grausam und ungerecht? Weil unsere Wahrnehmung nur ein sehr eingeschränktes „Bild“ der Wirklichkeit ermöglicht, gerade einmal so viel, dass sie – in Grenzen – ein Überleben und weiter entwickeln gewährleistet.
Wir sind blind und tasten uns mit einem Blindenstock durch diese Wirklichkeit. Dies ist alles, was wir wahrnehmen.
in: Abstrakte Fotografie — Herausgegeben als unikale Digigraphie unter dem Namen BerHWolf Handgetanzt — Sinnliche Eigenwelten – Fragmente der Wirklichkeit
Den Beiden folgen oder das Appartement durchsuchen? Hatten sie die Nacht tatsächlich zu dritt verbracht? Entweder war es Starfs Appartement, dann kam sie problemlos hinein und würde ihn dort entweder antreffen oder warten bis er auftaucht, oder es war nicht sein Appartement und dann war es egal, wo die beiden hin gingen. Vielleicht hatte Starf das Appartement aber auch vor ihnen verlassen, und die beiden waren unterwegs um sich mit ihm zu treffen? Vielleicht sollte sie ihn in aller Öffentlichkeit bloßstellen? Eigentlich hatte Sie absolut keine Lust mehr diesem Typen noch länger aufzulauern und ihre Zeit mit Angepisst sein und Rachegedanken zu verschwenden. Verdammt, hatte er halt gewonnen. So wichtig war er ihr nicht. Oder doch? Gab es da mehr als nur Rachegedanken? Wieso überhaupt gewonnen? Ihr Konto hatte Unterdruck, es war nur eine Frage der Zeit, wann ihre Verteilung gekappt würde, und ihre selbst bestimmten Tage näherten sich auch dem Ende. Genügend Gründe, den nächsten Schifter für den Rückflug zu organisieren, sollte es ihr nicht gelingen in das Appartement einzudringen.
Sie spielte ihr Interess und hielt es in die Mulde neben der Tür. Eigentlich hatte sie das jetzt nicht mehr erwartet, oder gehofft, oder gewollt. Sie wusste noch immer nicht genau, was sie tun sollte; froh sein, endlich ihr Ziel erreicht zu haben, oder die Tür wieder schließen und verschwinden? Nein, sie musste es zuende bringen. Sie fühlte sich ein wenig unwohl, als sie den langen, leeren Flur betrat. Vorsichtig schritt sie voran, blickte den Gang entlang und zählte die noch folgenden Türen. Alle standen offen. Mein Gott, was machte Starf in so einem riesigen Appartement?
Sie sah in den ersten Raum auf der rechten Seite. Leer wie der Flur. Kaffeeduft waberte in ihre Nase. Im gegenüberliegenden Versorgungsbereich stand ein Kochmodul und eine veraltete Kaffeemaschine hielt immer noch Kaffee warm. Sollte sie sich wundern, warum das Gerät noch angeschaltet war? Andererseits hätte sie durchaus einen Kaffee vertragen können, doch das brachte sie im Moment nicht über sich; ihre sich steigernde Nervosität und Angespanntheit ließen sie gerade einmal einen Fuß vor den anderen setzen. Der nächste Raum war ebenfalls leer. Sie kam sich albern vor, schlich aber weiter den Flur entlang; überall der gleiche Anblick. Starf war zwar ein merkwürdiger Typ, aber hier schien etwas anderes nicht zu stimmen. Sie ging am Nassraum vorbei und sah in das anschließende Zimmer. Ein Bett, ein uraltes Telefon und nichts weiter. Das Bett zerwühlt. Dort hatten sie sich also in der letzten Nacht vergnügt. Sie konnte sich allerdings nur schwer vorstellen, wie es möglich war, in so einem Raum, in so einem Appartement, eine angenehme Nacht zu
Ich erwache und verspüre ein mich leicht beunruhigendes Druckgefühl in rechtem Kiefer und Wange, speziell wenn ich zubeiße. Die Wange ist ein wenig geschwollen. Ich will mir nichts dabei denken. Schmerzen habe ich auch nicht. Wird schon wieder zurück gehen.
Zwei Tage vergehen stattdessen und der Anblick der Wange entwickelt sich nach Aussagen von Augenzeugen eher zum schlechteren. Ich streiche mit der Hand über meine rechte Gesichtshälfte.
„Ach was, so ein Quatsch, ist nicht dicker.“
Samstag entschließe ich mich die Praxis in der ich operiert wurde aufzusuchen und rufe früh am Morgen an, um einen Termin zu vereinbaren. Am anderen Ende meldet sich nur der Anrufbeantworter, der mir aber die Sprechzeit von 9 bis 11 bestätigt. Gut. Dann ohne Termin. Notfall. Diesmal kommt Heidrun mit. Wer weiß in welchem Zustand ich die Praxis verlassen werde. Wir finden recht schnell einen Parkplatz in der Bleibtreustraße, doch das Gebäude in dem sich die Praxis befindet wirkt unbelebt. Ebenso der Hauseingangsflur. Dunkle Vorahnung. Der Aufzug bringt uns vor verschlossene Türen. Kein Hinweis warum und wieso. Das gibt’s doch gar nicht; eine durch populären Rap aktuelle Floskel. Durchhalten bis Montag.
Um 22 Uhr ist die Wange jedoch soweit angeschwollen und die Behinderung beim Beißen und Sprechen so groß, dass mich Heidruns besorgte und verunsichernde Bemerkungen selbst verunsichern, und ich nun auch der Ansicht bin: Da stimmt was nicht, mein Gott. Werde ich es überleben? Heidrun erinnert sich an eine Zahnklinik, in der 7/24 behandelt wird. Während sie ihren Nachtdress gegen Alltagsklamotten tauscht, rufe ich bei einer guten Bekannten an, die gleich gegenüber wohnt, Mutter eines Spielkameraden von Maren. Ja, sie hat Zeit, will sowieso noch für eine Prüfung lernen, kann sie auch bei uns, da hat sie wenigstens Ruhe. Geht klar.
Nachtfahrt. Nachtstimmung. Die Zahnklinik hell erleuchtet. Ein wunderschönes, anheimelndes Gebäude. Überdimensionale Lichterfelder Villa mit Stahl-Glas Zylinder davor. Uns wird tatsächlich geöffnet. Bei der Anmeldung bin ich leicht nervös. Die Frau hinter dem Tresen trägt einen um den Hals baumelnden Atemschutz und Gummihandschuhe … Soll ich wirklich? Noch ein Arzt, der an mir rumfummelt. Was wird geschehen …? Doch das Gebäude und das Design im Inneren erzeugen eine angenehme, beruhigende Atmosphäre. Der transparente Tresen aus Lochblech und Stahlprofilen passt ausgezeichnet zum technischen Gerät und steht in einem angenehmen Gegensatz zu der gemütlichen, warmen und dennoch sehr klaren Gestaltung der Räume.
„Sie müssen mindestens mit einer Stunde Wartezeit rechnen“, sagt die